Qualitätskriterien

Qualitätssicherung im Coaching. Nachdem Coaching in den letzten Jahrzehnten am deutschsprachigen Markt immer mehr Fuß gefasst hat und der Anbietermarkt davon angeregt, immer unübersichtlicher wird, beginnt nun eine Qualitätsdiskussion Raum zu greifen: "Wie unterscheide ich ein gutes von einem schlechten Coaching?" bzw. "Was bringt es wirklich?" sind Fragen, die von Unternehmern und PersonalentwicklerInnn zu Recht gestellt werden und nicht immer ohne weiteres zu beantworten sind.

Coaching steht wie andere Weiterbildungsmaßnahmen vor dem Problem, dass sich der betriebswirtschaftliche Erfolg nicht linear, sondern nur über indirekte Kennzahlen wie Krankenstand, Fehlerhäufigkeit bzw. Zielerreichungskriterien erfassen lässt. Eine weitere Besonderheit ist die Tatsache, dass der KundInnen der Dienstleistung Coaching gleichzeitig KonsumentInnen und Mit-ProduzentInnen derselben sind: Coaching als Hilfe zur Selbsthilfe erfordert Aktivität und Anstrengung seitens des Kunden oder der Kundin, seine oder ihr Selbsttätigkeit ist nicht vom Erfolg zu trennen.

Vor diesem Hintergrund hat sich in der  Qualitätsdiskussion ein Ansatz heraus kristallisiert, der sich an ähnlich gelagerte Forschungsdebatten in der evidenzbasierten medizinischen Vorsorge bzw. der Psychotherapie anlehnt (vgl. Donabedian 1966; Ahlers 2002; Heß & Roth 2001). Es werden in diesem Modell drei Qualitätsdimensionen unterschieden, denen hier in der Folge sowohl Kriterien im Rahmen eines Coachingprozesses als auch mögliche Zugangsweisen zu einer Evaluation zugeordnet werden sollen:

 

 

1 | Strukturqualität


Innerhalb der Strukturqualität können zwei Evaluationsebenen unterschieden werden: die Zielevaluation und die Inputevaluation. Zu Kriterien der Zielevaluation zählen Erwartungen und Ziele der AuftraggeberInnen und der KundInnen, deren Messbarkeit, die Freiwilligkeit der KundInnen und die Operabilität des Auftrags. Die zentrale Frage lautet: "Was wird erwartet?" Zugänglich werden diese Kriterien beispielsweise über einen schriftlichen Vertrag und vorab definierte Zielkritieren bzw. Richtlinien, eine Evaluation kann nach dem Erstgespräch stattfinden. Zu Inputparametern werden die Qualifikationen des Coachs/der Coach, zeitliche, räumliche und rechtliche Rahmenbedingungen sowie ein ausformuliertes und transparentes Beratungskonzept gerechnet. Die zentrale Frage hieße: "Was brauchen wir dazu?" In der Regel werden diese Informationen vor dem eigentlichen Coachingprozess erhoben, über Referenzen, Ausbildungs- und Supervisionsnachweise, rechtliche Überprüfung und Vergleiche mit Standards und Richtlinien von Dach- bzw. Berufsverbänden (bislang häufig Therapie- und Supervisions- bzw. Unternehmensberaterverbände).

2 | Prozessqualität


Zur Prozessqualität gehören das Contracting, die im Coaching bearbeiteten Themen, Ziele und Auftrag im Coachingprozess selbst, die Beziehungsgestaltung, die Interventionen (Angemessenheit in Bezug auf die KundInnen, theoriegeleitet), die Wahrung der Grenzen des Coachings und Faktoren wie die Dauer und Verbindlichkeit von Sitzungen. "Wie läuft die Durchführung?" lautet hier die zentrale Frage. Auf der einen Seite sollte der Prozess in der Metakommunikation mit dem Kunden und der Kundin (über Veränderungen, die erlebte Beziehung etc.) während des Coachings bzw. in Abschluss- und Feedbackgesprächen expliziert werden. Auf der anderen Seite wird der/die Coach den Beratungsprozess in der eigenen Supervision reflektieren und einer Qualitätssicherung unterziehen. Daten, die im Rahmen von Forschungsprojekten zu einer Weiterentwicklung von professionellen Beratungskonzepten dienen, könnten (wo dies möglich und die Vertraulichkeit gesichert ist) über Video- bzw. Tonbandaufnahmen und Verlaufsprotokolle gewonnen werden.

3 | Ergebnisqualität


Die Ergebnisqualität lässt sich nach König/Volmer (2002) weiter in eine Output- und eine Outcome-Ebene unterscheiden, wobei in der Differenzierung nach dem unmittelbaren bzw. einem mittelfristigen Erfolg gefragt wird. Kriterien für die Outputqualität wären an erster Stelle die Zufriedenheit der KundInnen und dann der AuftraggeberInnen. Parameter wie veränderte Problemsichtweisen, Einstellungsänderungen, erweiterte Handlungsmöglichkeiten, Ressourcenaktivierung und Verhaltensänderungen können über spontane Rückmeldungen bzw. standardisiert über Feedbackgespräche, Fragebögen des Kunden/der Kundin und seines/ihres relevanten Umfeldes erhoben werden. Die Outcomeevaluation bezieht sich auf längerfristige Kompetenzerweiterungen bzw. Verhaltensänderungen, auf Zielkriterien der Funktion wie Umsatzsteigerung und Zielerreichung bzw. Fehlerreduktion, Verbesserung des Arbeitsklimas im Team, Abnahme der Krankenstände und Fluktuationen und lässt sich anhand von Controllingkennzahlen bzw. spontanen oder gezielten Rückmeldungen und Verhaltensbeobachtungen annähernd erfassen.

 

 

In der Medizin und der Psychotherapie wird so vorgegangen, dass Standards und Qualitätsanforderungen formuliert werden, die mit den jeweiligen Istzuständen verglichen werden. Für ein Qualitätsbewusstsein im Coaching würde es einen wesentlichen ersten Schritt bedeuten, die Sensibilität aller Beteiligten (der Coachs, des KundInnen und ihres Bezugssystems) mittels einer "differenzierten und institutionalisierten inhaltlichen Qualitätsdiskussion" (vgl. Ahlers, 2002) anhand oben angedeuteter Parameter zu erhöhen.
Vgl. Donabedian (1966)